Pizza, Kuchen und Einsamkeit


Nichtahnend, dass diese Woche die bisher „schlimmste“ werden würde, machte ich mich am Montag um 8 Uhr wie gewohnt auf den Weg zur Arbeit (auch wenn ich dank einem platten Autoreifen über eine Stunde zu spät kam). Nicht sonderlich spannend, aber immerhin war Thea wieder da und wir sind mittags zum Pizza essen in die Stadt gefahren, was so so lecker war!!




Anschließend bin ich sogar allein rumgelaufen, worauf ich angesichts meiner bisherigen Orientierungslosigkeit ziemlich stolz war (auch wenn mir am Anfang Google Maps helfen musste).
So weit so gut. Dienstag war Thea dann auch schon wieder für den Rest der Woche weg, während sich bei mir das Nichtstun bis Freitag fortsetzte. Klar beschäftige ich mich immer irgendwie, organisiere meinen Laptop, schreibe diesen Blog oder schaue auch mal einen Film, aber so ein bisschen nutzlos fühle ich mich schon. Vor allem wenn alle außer mir ins Field gefahren sind und ich teilweise wirklich allein im Office sitze…
Zuhause habe ich mit meinen Geschwistern einen Kuchen gebacken, welcher auch wieder so lecker war... im Allgemeinen hänge ich noch viel zu sehr an deutschem Essen (Süßigkeiten, Pizza,…), was mich irgendwie ein bisschen nervt und noch dazu teuer ist. 



Am nächsten Tag machte ich mich nachmittags auf den Weg zum Palast, um meine Familie (inklusive Schwestern von Priscilla und deren Kinder) zu treffen. Weil der König vom „Tooro-Kingdom“ Geburtstag hatte fand dort eine 2-tägige Function statt, bei der gefühlt die ganze Stadt anwesend war.
Der Hauptteil war jedoch donnerstags, sodass es (zumindest für mich) nicht so spannend war. Es wurde Musik mit traditionellen Instrumenten gespielt und dann kam irgendwann der König…allerdings habe ich ihn entweder nicht gesehen oder in meiner Ahnungslosigkeit nicht erkannt.

An dieser Stelle eine kurze Erklärung, damit sich niemand wundert, warum es hier einen König gibt:
Die Republik ist ein autoritär geführtes Regime, welches nach der Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich zunächst als Einparteiensystem konzipiert wurde. In jüngerer Zeit hat sich das Land einem Demokratisierungsprozess geöffnet. (https://de.wikipedia.org/wiki/Uganda#Regierung, 27.09.2019) Der König ist dementsprechend repräsentativ, übernimmt sozialpolitische Aufgaben in der Gesellschaft und steht für die Bewahrung der kulturellen Werte und Identität der Tooro. Er hat an sich keine politische Macht, genießt aber dennoch ein hohes Ansehen und hat Einfluss auf die Gesellschaft.


Links meine Gastmutter Priscilla, daneben mein Bruder Alvin, darunter meine Schwester Ivy und der kleine Spiderman ist meine Schwester Valerie

Mit dem Donnerstag kam dann auch der Tiefpunkt dieser Woche und der gesamten Zeit. Ich wurde von einer Freundin einer ehemaligen Freiwilligen eingeladen zu einer Live Band zu gehen, die jeden Donnerstagabend in der „Mountains oft the Moon-Bar“ spielt. Wie so oft machte mich die Aussicht auf sozialen Kontakt gleich nervös, wobei diesmal noch der unbekannte Ort und unbekannte Menschen hinzukamen, sodass ich vorher überhaupt nicht einschätzen kann, wie es sein wird.  Aber ich dachte mir hey, du willst Freundschaften schließen, du willst selbstsicherer werden und bist nicht nach Uganda gekommen, um dich in deinem Zimmer zu verkriechen. Also habe ich zugesagt, bin mit meinem Boda nach Hause, saß kurz vor dem Fernseher uuund hab das erste Mal so richtig Magenprobleme bekommen. Gleichzeitig war das mit dem Ausgehen bzw. nachts nach Hause kommen immer komplizierter geworden…also habe ich abgesagt. Zwar mit einer guten Ausrede, aber schlecht fühlte ich mich trotzdem, diese Möglichkeit nicht genutzt zu haben. 
In solchen Momenten, wenn diese „soziale Angst“ oder wie auch immer man es nennen mag zum Vorschein kommt, zweifle ich manchmal daran, warum ich überhaupt hier bin. Gleichzeitig ist sie einer der Gründe warum ich herkam. Ich will meine Unsicherheit überwinden, indem ich mich meiner Angst stelle und insgeheim weiß ich auch, dass ich am Ende des Jahres meinem Ziel zumindest ein Stück näher gekommen sein werde.
Am Freitag bin ich nach der Arbeit mal wieder die halbe Stunde zu Fuß in die Stadt gelaufen, was mich zumindest ein kleines bisschen sportlich fühlen lässt, angesichts der Tatsache, dass ich vor 2 oder 3 Monaten aufgehört habe Sport zu machen und gefühlt sämtliche Muskeln sowie Ausdauer verloren habe.  In dem Café "Sweet Aromas", wo mich inzwischen sogar die Besitzerin begrüßt hat und das ganze Personal mein Gesicht kennt, gab es endlich wieder WLAN, sodass ich ein bisschen Instagram und YouTube nutzen konnte. Auf der einen Seite vermisse ich es wirklich unbegrenzt Internet zu haben, aber andererseits ist es auch irgendwie befreiend, weil ich meine Zeit nicht mehr mit dem Anschauen sinnloser Bilder, Videos etc. verschwende, wie ich es noch vor ein paar Wochen getan habe.
Letztendlich habe ich doch ein bisschen die Zeit vergessen und nicht mitgekiriegt, dass es dunkel geworden war. Da ich meinen Boda nicht erreichen konnte und so darauf sensibiliert wurde, dass es nachts gefährlich ist, habe ich schon ein bisschen Panik bekommen. Dann rief aber Vincent an und meinte ich soll einfach irgendein Boda nehmen, um zur Klinik (dem Arbeitsplatz meiner Mutter) zu fahren. So weit so gut. Natürlich wusste ich nicht wo lang, bin aber trotzdem auf ein Boda gestiegen und gleich wieder abgestiegen, als er nur fragend auf irgendeine Apotheke gezeigt hat. Und so stand ich allein im Dunkeln mitten in der Stadt...zum Glück ging mein Boda dann doch ans Telefon und kam gleichzeitig mit meinen Eltern an, die anscheinend keine Lust mehr hatten bei der Klinik auf mich zu warten :D
Zuhause gab es quasi Candle Light Dinner, weil der Strom mal wieder ausgefallen war. Ohne die Kinder, die für ein paar Tage bei ihrer Großmutter waren, und ohne Fernseher war es „endlich mal“ ruhig. Ich fand es irgendwie schön/friedlich, im Gegensatz zu meinen Gasteltern, die gefragt haben, ob das bei mir zuhause immer so sei und dass es wirklich komisch bzw. ungewohnt sei.
Samstagmittag gingen dann sogar meine Eltern, sodass ich das erste Mal ganz allein zuhause war. Daraufhin habe ich mir Spagetti gekocht (ein paar mit der Katze geteilt, mit der ich mich endlich angefreundet habe) und Fernsehen geschaut, bevor ich dann auch schon zu meiner Verabredung mit Thea aufgebrochen bin, die mich aus meinem im Laufe der Woche entstandenen emotionalen Tief wieder rausholen musste.
In der Bar „Travellers Inn” haben wir einen Freund von ihr aus Kampala getroffen, mit dem wir dann auch nochmal den Palast besucht haben, was Thea in dem ganzen Jahr, das sie schon hier ist, noch nicht geschafft hat. Dort hörten wir sogar noch einen Vortrag über die Geschichte des „Tooro Kingdom“, was an sich echt interessant war, allerdings hat die Kombination aus Geschichte und Englisch es für mich schwer gemacht aufmerksam zuzuhören. Die zwei Gebäude, in denen auch der König wohnt (er war sogar da, allerdings haben wir nur sein riesiges Auto gesehen, was auf dem Hof stand), liegen auf einem Hügel und man hat eine wunderschöne Aussicht über die ganze Stadt (https://toorokingdom.org/).


Der Palast


Der König heute und bei seiner Krönung 1995 (zu dem Zeitpunkt war er 3 Jahre alt und damit der jüngste Monarch aller Zeiten)


Der Löwe ist das Symbol des Tooro Kingdom (siehe Kennzeichen)


 
Zurück im Travellers Inn haben wir frischen Ananassaft getrunken und Billiard gespielt, was total Spaß gemacht hat, auch wenn ich immer noch wirklich schlecht bin... Und dann war es auch schon 10, aber Thea hat mich mit der einzigen weiblichen Bodafahrerein in der Stadt gerettet und mit dem Wissen, dass ich den Weg wirklich kenne und jemanden habe, den ich auch nachts anrufen kann fühle ich mich jetzt so viel sicherer.
Dank diesem Treffen ging es mir also endlich wieder gut und auch der Sonntag war ein richtig schöner und entspannter Tag. Priscilla hat so eine Art „Frühjahrsputz“ gemacht und bei der Gelegenheit habe ich auch endlich mal mein Zimmer gefegt und gewischt, was wirklich dringend nötig war. Noch ein bisschen Schreiben und schon war es wieder abends und meine Geschwister kamen nach Hause. Dank der paar Tage Pause hatte ich auch endlich wieder genug Energie richtig mit ihnen zu spielen. Gleichzeitig haben sie mich damit überrascht, dass sie ausnahmsweise mal bei allem gefragt haben ob es okay ist, anstatt es einfach zu machen.
Unter anderem haben wir das erste Mal Memory gespielt, wobei vor allem Ivy total Spaß hatte, was wiederum mich gefreut hat. Nur Alvin hat sich natürlich wieder nicht an die Spielregeln gehalten, dauernd irgendwelche Karten aufgedeckt oder sich aufs Spielfeld geworfen :D
Im Allgemeinen lebe ich mich inzwischen aber immer mehr ein und traue mich alle paar Tage etwas Neues zu fragen oder zu machen, was mich ein bisschen stolz macht und sich wirklich schön anfühlt. Zum Beispiel habe ich abends ein Buch aus der Bücherei gelesen, wo ich allein hingegangen bin, um meine Mitgliedschaft zu beantragen.
Ich glaube im Laufe der Zeit wird dieser Ort, dieses Haus und diese Familie wirklich mein Zuhause, worauf ich mich jetzt schon freue.

Kommentare

Unknown hat gesagt…
Lecker wars!!