Von 1 bis 100.000
Im Laufe der Zeit
entwickelt sich bei mir immer mehr eine Routine und da ich meine Leser
natürlich nicht langweilen möchte, werde ich in Zukunft versuchen hauptsächlich
Neues zu schreiben. Schließlich weiß inzwischen jeder, dass ich von Montag bis
Freitag arbeite, zweimal die Woche Rutooro-Unterricht habe, oft in irgendwelche
Cafés oder Restaurants sitze, zuhause mit meinen Geschwistern spiele oder mich
alternativ vor ihnen verstecke und ein paar Mal die Woche abends zum Sport
gehe.
Dementsprechend lasse ich auch gleich erstmal den ganzen Montag weg und fange am
Dienstag an. Für den „Paper Bag Workshop“ und das Projekt „Waste Management" im Office haben wir begonnen „Project Proposals“ zu verfassen. Darin
beschreiben wir den geplanten Ablauf, das Ziel und die benötigten finanziellen
Mittel. Im Anschluss muss das Ganze zuerst von JESE, dann von Trina und zum
Schluss von den Verantwortlichen in Deutschland bestätigt werden, bevor wir
anfangen können.
Beim Rutooro-Unterricht
war ich dann ehrlich gesagt ziemlich „overwhelmed“, weil wir die Zahlen von 1
bis 100.000 und dann auch noch Lebensmittel gemacht haben. Lustig war aber,
dass ich teilweise von einer 13-jährigen Schülerin der „Kamengo Secondary
School“ (wo meine Stunden immer stattfinden) unterrichtet wurde, die mich vom
Gottesdienst am Sonntag wiedererkannt hat. Nach ein paar Minuten standen dann noch
fünf weitere um mich herum und haben mich alle gemeinsam ausgelacht... das ist
aber glaub ich normal, wenn eine Deutsche versucht Rutooro zu sprechen :D
Mein Klassenzimmer |
Der Mittwoch
begann damit, dass ich um kurz vor 8 unter der Dusche mit meinem Supervisor
telefonieren durfte…angeblich hatte er Bescheid gesagt, dass er früh mit uns
ins Field will, wobei sowohl ich als auch Thea nichts davon wussten. Aber naja,
dann halt wieder Office, was auch ganz praktisch war, um weiter an der Projektplanung
zu arbeiten.
Später hatte ich
ein für mich echt wichtiges Gespräch mit Thea bezüglich des Umgangs mit meinen
Geschwistern. Erst dadurch wurde mir erst bewusst, dass es okay ist, wenn ich
mein Zimmer als „private space“ deklariere, was Zuhause sein wesentlich
entspannter machen würde. Also habe ich gleich abends den Mut aufgebracht mit
ihnen zu reden und sie haben echt verständnisvoll reagiert, auch wenn es
bestimmt seine Zeit braucht, bis sie es wirklich verinnerlicht haben bzw.
umsetzen.
Donnerstag war
dieses Mal glaube ich der anstrengendste Tag der Woche, wobei ich auch schon
die ganzen letzten Tage ziemlich ausgepowert war. Ich frage mich immer noch, ob
es einfach zu wenig Schlaf oder doch eine Nebenwirkung der Malariaprophylaxe
ist, die ich zurzeit noch nehme.
Gegen Abend haben
Thea und ich uns auf den Weg zu ihr nach Hause gemacht und sind nach dem
Abendessen dort weiter zu Suzan (die jüngere Schwester meiner Gastmutter) gefahren,
wo ich übernachten würde. Die Sache ist die, dass, so sehr ich mein Zuhause
auch mag, es einfach verdammt weit weg von allem ist, weswegen ich nachts nicht
mehr nach Hause fahren soll und deshalb bei Freunden, Suzan oder in der „St.
George Clinic“ (Der Arbeitsplatz meiner Mutter) schlafe.
Nachdem wir sie
endlich gefunden haben (der Whatsapp-Standort ist halt doch nicht so
verlässlich, wie man denken könnte) ging es zu dritt in die „Mountains of the
Moon – Bar“, wo jeden Donnerstag eine Live-Band spielt. Die Bar gehört zu dem
gleichnamigen Hotel, welches soo schön ist und irgendwie voll die
Spanien-Urlaubserinnerungen geweckt hat. Der Abend war auch echt ganz cool und
wir haben noch ein paar Bekannte getroffen, bevor wir uns gegen 1 Uhr wieder
auf den Weg nach Hause gemacht haben.
Am Freitag bin ich ausnahmsweise schon nachmittags nach Hause, wobei ich eigentlich später zur
Rutooro-Stunde und anschließend ins Gym wollte, aber das ist dann wegen des
Regens beides ausgefallen. Apropos Regen… Donnerstag bin ich das zweite Mal in
eine tiefe Schlammpfütze getreten und heute ist mir mein Rucksack in den Schlamm
gefallen... die Regenzeit ist also eindeutig nicht mein Freund.
Wegen des Zuhause Bleibens habe ich mich ein bisschen schlecht gefühlt, aber letztendlich
tat mir die Pause glaub ich ganz gut. Nachdem wir abends noch Hausaufgaben
gemacht und Fangen gespielt haben, merkte ich aber wieder, wie übermüdet ich
bin, weil ich schon um 9 fast auf dem Sofa eingeschlafen bin.
Meine kleine Schwester Valerie und Ich |
Diesbezüglich
brachte auch der Samstag keine Erleichterung, da mein Wecker bereits um halb sieben
klingelte. Dank meines Boda-Fahrers kam ich zwar trotz des frühen Aufstehens
eine knappe halbe Stunde zu spät, aber das hat Thea mir glaub ich verziehen.
Und dann hieß es Stühle abholen, alles aufbauen und vor allem warten, warten,
warten. Klar wussten wir vorher, dass wir nicht wie geplant um 9 Uhr anfangen
würden, aber sogar unser Trainer kam über eine Stunde zu spät, sodass es
letztendlich erst um halb 11 wirklich losging. Bis dahin waren aber 18 Leute gekommen,
was für das erste Treffen eine echt gute Zahl war.
Der Workshop soll
an 4 Tagen, verteilt über mehrere Wochen, stattfinden. Es geht dabei darum,
dass die Gruppe lernt Papiertüten herzustellen, die sie dann z.B. an Street
Food-Stände oder Supermärkte verkaufen und so mit der Zeit (hoffentlich) ein
sicheres Einkommen haben werden. Gleichzeitig ist es unsere Intention, die
Plastiktüten, die man überall und zu jedem Einkauf dazubekommt, zu ersetzen und
so einen Teil zum Umweltschutz beizutragen (immerhin arbeiten wir bei „Joint
Effort to Save the Environment“ und interessieren uns auch persönlich für
dieses Thema). Vereinzelt gibt es solche Papiertüten hier auch schon (z.B. in meinem
Stammcafé Sweet Aromas), während in Kampala der Handel mit Papier und die
Herstellung der Tüten schon ein richtiges Business ist.
Am Anfang war ich
mir echt unsicher, ob alles gut gehen würde, aber dann hat Nicolas (der
Trainer) angefangen zu erzählen, alle haben zugehört und ich habe versucht mich
ein bisschen zu entspannen. Nach dem
Vortrag über verschiedene Arten von Papier und Kleber, verschiedene Techniken,
Papier kaufen, Tüten verkaufen usw. ging es ans Falten, was auch echt ganz gut
funktioniert hat. Alles in allem kann daraus glaube ich etwas Gutes werden und
ich bin gespannt auf die nächste Session in einer Woche.
Die
Nachbesprechung mit Thea war aber fast noch besser als der eigentliche Workshop,
weil ich mehrmals so sehr lachen musste, dass ich mir fast in die Hose gemacht
und keine Luft mehr bekommen habe :D In
der Stadt haben wir noch Eis gegessen, auf dem „Kabundaire“-Markt Gemüse gekauft,
für ein neues Projekt recherchiert und dann ging es gegen Abend wieder nach
Hause.
Am Sonntag wollte
ich dann einfach mal ausschlafen, um den über die ganze Woche angesammelten
Schlafmangel loszuwerden. Dachte ich. In der Realität bin ich schon vor 7 wegen
lauten Geräuschen aufgewacht, um 8 haben alle 3 Kinder an meiner Tür
dauergeklopft und als ich dann um 9 aufgestanden bin war ich schon wieder so
erschöpft, als hätte ich den ganzen Tag hinter mir.
Ich weiß, dass es total übertrieben ist, aber trotzdem bin ich manchmal einfach so leicht reizbar und weiß nicht, was ich dagegen tun kann bzw. habe Angst, dass ich irgendwann "ausraste" (im schlimmsten Fall gegenüber den Kindern), wenn sich das alles immer weiter anstaut.
Aber immerhin sehen sie mein Zimmer so langsam als mein Zimmer an und ich habe ein bisschen mehr Privatsphäre, was echt ganz angenehm ist. Nichtsdestotrotz bin ich mittags in die Stadt geflüchtet und habe mir 4 Stunde WLAN geholt hihi.
Abends habe ich dann das erste Mal per Hand gewaschen, was echt gar nicht so einfach ist. Obwohl ich es genauso gemacht habe, wie es mir gezeigt wurde, haben mich sowohl Gloria als auch die Kinder immer wieder korrigiert und ich habe mich absolut unfähig gefühlt...aber das wird bestimmt mit der Zeit besser, wenn ich mehr Übung habe.
Kommentare
auf die Beine stellt und mit
wieviel Zuversicht ihr die
Sachen plant.Bin sehr stolz
auf dich!!!In Gedanken oft
bei dir....missing you😍
Umarmung von deiner Mama