Achterbahn der Gefühle

18. - 24.11.2019

Diese Woche lief ein bisschen anders, als normalerweise und auch anders erwartet, wobei es sowohl positive als auch negative Überraschungen gab.
Gleich Montag früh ging es mit dem Bus nach Kampala, um beim Immigration Office wegen Theas Visum nachzuforschen. Die Verlängerung dessen funktionierte nämlich nicht so wie geplant und es wurde langsam echt knapp. Natürlich war der zuständige Officer nicht da und wir sind stattdessen in die „Wild Coffee Bar“ gegangen, welche so unglaublich schön ist. In dem Gebäude war außerdem eine kleine Kunstgalerie, die wir im Anschluss besucht haben. Eigentlich bin ich nicht der Typ für Museen und ähnliches, aber die Gemälde waren wirklich schön und eindrucksvoll. Da habe wir beide uns auch gleich veranlasst gefühlt, wie zwei Kunstexperten über die Bedeutung der einzelnen Bildelemente zu philosophieren.




Ein kleiner Ausschnitt aus der Karte, der mir besonders gefallen hat


Am nächsten Morgen klingelte der Wecker um 6 Uhr, damit wir auch ja rechtzeitig beim Immigration Office sein würden. So deutsch habe ich mich lange nicht mehr gefühlt, als wir da wirklich eine halbe Stunde vor der Öffnungszeit ankamen... Nach 2 Stunden Warten kam dann die freudige und vor allem erleichternde Nachricht, dass ihr Antrag auf Verlängerung angenommen wurde. Irgendwie hatten wir damit glaube ich beide nicht gerechnet, da er in den letzten Wochen um die 5 mal abgelehnt bzw. „deferred“ wurde, und uns ist ein Stein vom Herzen gefallen, weil sie sonst schon am nächsten Tag hätte ausreisen müssen.

Pias und mein Visum wurde bereits ein paar Tage zuvor angenommen und wir waren nur im Office, um es abzuholen (Sie kam kurze Zeit später mit unserer Mentorin an, genauso wie Eva, die auch zum vorigen Jahrgang gehört und verlängert hat). Philipp wiederum wartete bis dahin immer noch und sogar sein Flug war schon für den nächsten Tag gebucht, da auch unser Visum auslaufen würde. Dementsprechend habe ich mich zum zweiten Mal an diesem Tag echt gefreut, als auch sein Application status „Approved“ anzeigte, bevor dann die Nachricht kam, dass er wegen familiären Problemen trotzdem fliegen würde und die ganze Freude war auf einen Schlag wieder weg.

Nochmal zwei Stunden später hatten wir alle unser Visum, sind Mittagessen gegangen und dann zu dritt weiter ins „Ugandan National Museum“ (Trina hatte sich schon früher verabschiedet und Eva ging es nicht so gut). Die Führung war leider ein bisschen hektisch, zudem befanden sich noch zwei Schulklassen zur gleichen Zeit im Museum, weswegen es doch relativ laut und vor allem voll war. Im Anschluss sind wir aber nochmal in Ruhe durchgegangen und alles in allem war es echt ganz interessant. Neben den verschiedenen Bereichen zur Geschichte Ugandas gab es noch eine kleine Ausstellung über Leonardo da Vinci und ich habe zum ersten Mal die Mona Lisa in echt gesehen (auch wenn ich mir zu 99% sicher bin, dass es nicht das Original war, aber man kann ja nie wissen ;).

 
Danach ging es wieder in ein Café, welches fast genauso schön wie das von gestern war. Und ich werde auf jeden Fall nochmal dorthin gehen, da der Peanutbutter-Brownie-Milkshake einfach unfassbar lecker war (Kleiner Tipp am Rande: Mit Essen kann man mich immer ködern).


Während Thea in Kampala bleiben würde, mussten Pia und ich zurück nach Entebbe zu ihrer Gastfamilie, wobei wir schon etwas spät dran waren. Als wir dann von unseren SafeBodas zu verschiedenen Taxi Stages gebracht wurden und nach mehreren Telefonaten (Siehst du das Gebäude? Ne, siehst du das? Ne, …) und dem Standortteilen auf Whatsapp herausfanden, wo wir waren, wurde es inzwischen schon dunkel. Dementsprechend war Pia etwas verzweifelt, was man ihr wohl auch angesehen hat, da sie gleich von mehreren hilfsbereiten Menschen umringt wurde. Währenddessen wurde auch mir von jedem zweiten Passanten gesagt, dass ich mit meinem Handy vorsichtig sein soll, da es in Kampala vor allem abends häufig zu Diebstählen kommt.

Jeder Safeboda hat eine Nummer (und natürlich auch einen Namen) über die man sich dann in der App verbinden kann. So weiß er gleich wohin man will, ich weiß wie viel die Strecke kostet und kann auch in der App bezahlen (sehr fortschrittlich das Ganze, gibt es aber leider nur in Kampala)

Letztendlich bin ich dann also wieder auf ein Boda gestiegen und zu Pia gefahren, dann ging es mit dem Taxi nach Entebbe, wobei wir nochmal über eine halbe Stunde im Stau standen und dann hatten wir es irgendwann, viel zu spät, nach Hause geschafft.
Dort durfte ich noch kurz ihre Gasteltern kennenlernen, bevor mal wieder eine unruhige Nacht begann. Pias Bett ist nämlich für zwei Personen doch etwas sehr schmal, mein selbstgebautes Kopfkissen war mehr als unbequem und die Erkältung machte das Ganze auch nicht einfacher.

Nichtsdestotrotz sind wir am nächsten Morgen früh aufgestanden, um Pias Organisation „Huyslinci“ zu besuchen (eine Art Beurfsschule). Dort wurde ich gleich erstmal allen Kollegen vorgestellt und herumgeführt, bevor wir im Garten Greens geerntet haben. Außerdem schrieben wir einen Abschiedsbrief an Philipp, der in das Care-Paket mit ganz vielen ugandischen Snacks kam, welches wir im Laufe des Tages zusammengestellt haben.



Nach der Arbeit fuhren wir zur „Victoria Mall“, um unseren Telefonvertrag zu verlängern, der zusammen mit dem Visum auslaufen würde. Außerdem haben wir noch Geld gewechselt und mal wieder das Süßigkeitenregal im Supermarkt auswendig gelernt.
Im Anschluss trafen wir Philipp bei Trina, um seinen letzten Tag in Uganda gemeinsam zu verbringen. Wir haben uns einfach unterhalten und es war ein schöner Nachmittag, aber je näher der Aufbruch zum Flughafen rückte, desto gedrückter wurde die Stimmung.
Um halb 10 ging es dann wirklich los und bei der Umarmung zum Abschied habe ich natürlich genauso wie Pia gleich angefangen zu heulen. Sobald er drinnen war, konnte er uns auch nicht mehr sehen und dann sind wir einfach gegangen..auf dem Weg zum Auto meinte eine Frau im Vorbeigehen voll mitfühlend „Oh, she's crying..“ und dann hab ich natürlich gleich nochmal mehr geweint. Irgendwie kann man, wenn man einmal angefangen hat, nicht mehr aufhören, weil dann alles wieder hochkommt, was man verdrängt hat oder was einem eigentlich gar nicht so schlimm vorkam. Bis zu Trina hatte ich mich dann aber doch wieder beruhigt und wir blieben wegen des Regens für die Nacht dort (wir konnten nicht einmal ihren Innenhof überqueren ohne komplett durchnässt zu werden, auch weil dieser bis dahin bereits einem See glich).
Und dann saßen wir auf unserem improvisierten Bett kurz vorm Schlafen gehen und Pia fragt mich wie es mir geht und ich meinte „Nicht so gut“ und hab gleich wieder angefangen zu weinen...

Auch am nächsten Morgen war die Stimmung noch ziemlich gedrückt, weil ich die ganze Zeit daran denken musste, dass wir hier gestern noch zu dritt saßen, langgegangen sind usw.. Allerdings hat die kleine Babykatze von Trina, mit der wir unser Joghurt geteilt haben, uns beide ein wenig getröstet und abgelenkt. 

Von wem ich da wohl gerade mal wieder eine (liebevolle) Beleidigung abgekriegt habe? (Kleiner Tipp: Pia war die Fotografin..)

Mein Zuschauer beim Gemüse waschen <3

Und der Beschützer (einer der Hundewelpen aus einem der vorigen Beiträge)

Kurze Zeit später ging es für mich dann wieder nach Kampala und für Pia zur Arbeit. Als ich mit dem Taxi irgendwo mitten in der Stadt ankam, wollte ich natürlich ein Boda zum Bus Park nehmen, woraufhin mich der Fahrer erst ganz komisch anschaute, genauso wie sein Kollege, der neben ihm stand, und dann meinte, dass er direkt um die Ecke sei, also fast in Sichtweite. Ich habe mich eh schon wie so'n orientierungsloser Touri gefühlt und dann meinte er auch noch kopfschüttelnd „You don't know where you're going..“ und die unangenehme Situation war perfekt.
Am Bus Park traf ich dann Thea und zusammen sind wir zurück nach Fort Portal gefahren, wobei ich beim Einfahren in die Stadt zum ersten Mal das schöne Gefühl des Nach-Hause-Kommens hatte. Meine Geschwister haben sich auch voll gefreut, vor allem als sie von mir Kuchen aus Kampala und Kekse aus dem Päckchen bekommen haben. Außerdem haben wir mal wieder eine neue Maid (die dritte oder vierte seit ich hier bin??), die aber sehr nett scheint und endlich mal mehr Englisch kann.

Diesen Freitag lief mein Visum aus und damit funktionierte auch meine Sim-Karte nicht mehr, da der Mitarbeiter im Airtel-Shop wohl irgendwie Mist gebaut haben (kurzer Exkurs: In Uganda sind die zwei größten Telefonanbieter Airtel und MTN, wobei viele bei beiden sind, da es ziemlich teuer ist von einem zum anderen zu telefonieren). Im Office habe ich dann gemerkt, dass ich das Handy zuhause vergessen hatte, das heißt ich musste erst den ganzen Vormittag ohne überleben, dann wieder ganz nach Hause und dann nochmal zum Airtel-Shop. Somit habe ich dank meiner Vergesslichkeit nicht nur viel Zeit verloren, sondern auch schon wieder viel Geld ausgegeben.

Nächster, kurzer Exkurs zum ugandischen Schulsystem: Im Alter von 2-3 Jahren kommt ein Kind für drei Jahre in die Nursery School, wo es die Baby-, Middle -und Topclass gibt, danach geht es für 7 Jahre in die Primary School, wo die Klassen von P1 bis P7 gehen und dann kommt die Secondary School mit nochmal 6 Jahren, von Senior1 bis Senior6. Dabei sind die letzten beiden Jahre „advanced“ (man kann auch vorher aufhören, sind also optional), in denen man sich auf Naturwissenschaften oder Kunst spezialisiert. Unterschiedliche Schulformen gibt es nicht, sondern nur den Abschluss nach 11 und den nach 13 Jahren (Ich hoffe, dass ich das alles sowohl richtig verstanden, als auch einigermaßen verständlich erklärt habe). Zusätzlich endet das Schuljahr anders als bei uns mit dem Kalenderjahr, also Ende November, worauf dann zwei Monate Ferien folgen.
Dementsprechend war an diesem Samstag die Graduation Party von meiner kleinsten Gastschwester Nyange, da sie die Top Class der Nursery School abgeschlossen hat. Und als sie dann auf die Bühne kam, habe ich mich wie eine unfassbar stolze Mutter gefühlt, auch wenn ich sie ja erst seit drei Monaten kenne und dazu überhaupt nichts beigetragen habe (außer dass ich ihr ab und zu bei den Hausaufgaben geholfen habe). Dennoch war das Ganze größtenteils relativ langweilig, bis dann die Kinder getanzt haben, wobei ich als Fotograf und Kameramann tätig war. Außerdem wurden zwei kurze Theaterstücke aufgeführt, eins mit Jesus und eins über die Schulgebühren, wobei Nyange mitgespielt hat und was echt ganz witzig war.

Die zweite von rechts ist Nyange

Während des ersten Teils hatte sie noch die grün-orangene Schuluniform an, aber später dann ein unglaublich schönes weißes Prinzessinnenkleid mit Pailletten, worauf ich ernsthaft ein bisschen neidisch war. Dann wurden die Zertifikate übergeben, jede/r bekam eine Congratulations-Schärpe und danach wurde der Kuchen angeschnitten. Im Anschluss gab es auch noch Lunch, aber wir sind „geflüchtet“, haben noch Eis gegessen und dann ging es nach Hause.


Der stolze Vater



Und was habe ich am Sonntag gemacht? Richtig, gewaschen und geputzt!! Außerdem habe ich mal mein Zimmer umgeräumt, was ich noch vor ein paar Jahren alle paar Wochen gemacht habe. Da das meistens auch irgendwann spätabends stattfand, habe ich meine Eltern damit schier wahnsinnig gemacht, aber das ist ja auch meine Aufgabe, als Teenager nicht wahr?

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